Page 8 - eurodiver 23-2019 2.Auflage
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Reisen




       Riesenflohkrebse  sind  zwei         die  Grenze  zwischen  Bai-          listen  nach  Osten  bis  nach  Ir-
       deutlich  erkennbare,  seitlich      kalsee  und  Angara.  Port  Bai-     kutsk zurück. In dieser Zeit soll
       abstehende Stacheln.                 kal war einst Start- bzw. End-       ein Wagon, auf dem das Gold
                                            punkt  der  alten  Baikalbahn.       transportiert  wurde,  am  Ufer
       Bevor  wir  zurück  in  unsere       Durch  den  Bau  des  Irkutsker      des  Baikalsees  an  einer  Bö-
       Pension fuhren, besuchten wir        Angara-Staudamms  in  den            schung  entgleist  und  in  die
       in  Listwjanka  das  Limnologi-      1950iger  Jahren  stieg  der         Tiefe  gerissen  worden  sein.
       sche  Museum,  ein  Naturkun-        Wasserspiegel  so  hoch,  dass       Seither  wird  nach  dem  Gold
       demuseum  der  Russischen            dieser  Teil  der  Bahnlinie  am     des  Admirals  gesucht.  Andrej
       Akademie  der  Wissenschaf-          Ufer  der  Angara  überflutet        erzählte uns mit einem Augen-
       ten. Wir unternahmen in einem        wurde  und  auf  die  heutige        zwinkern,  dass  er  die  Stelle
       simulierten  Mini-U-Boot  eine       Strecke weiter im Westen ver-        kenne,  wo  das  Gold  liegt.  Ab
       Tauchfahrt auf den Grund des         legt  werden  musste.  Seitdem       und  zu  tauche  er  hinab  und
       Sees und konnten unterm Mik-         verlor die Stadt an Bedeutung.       hole  ein  Barren  rauf.  Das  rei-
       roskop  kleine  Flohkrebsarten       Port  Baikal  ist  heute  ein  ver-  che  ihm  für  eine  Weile.  Wir
       beobachten.                          lassener, melancholischer Ort.       lachten.  Eine  alte  auf  dem
                                                                                 Seegrund  gefundene  Flasche
                                                                                 aus     der      Revolutionszeit
                                                                                 schenkte  uns  Andrej  als  Erin-
                                                                                 nerungsstück  für  unser  Tau-
                                                                                 chermuseum.

                                                                                 Unmittelbar  vor  der  Pier  von
                                                                                 Port  Baikal  liegt  allerlei  Zivili-
                                                                                 sationsmüll  aus  vergangenen
                                                                                 Zeiten. Teile der Hafenbefesti-
                                                                                 gung  sind  ins  Wasser  ge-
                                                                                 rutscht  und  bieten  heute  Un-
                                                                                 terschlupf  für  Baikalgroppen,
                                                                                 Schnecken  und  Flohkrebsen.
                                                                                 Wir  tauchten  entlang  einer
                                                                                 steil abfallenden Felswand, die
                                                                                 mit den für den Baikalsee typi-
                                                                                 schen  grünen  Schwämmen
                                                                                 besetzt war. Interessant waren
       Am folgenden Tag organisierte        Um  den  Port  Baikal  ranken        auch  die  vielen  „hängenden
       Andrej    einen    Bootsausflug      sich  viele  Legenden  und  Ge-      Schnecken“, die an kleine Fä-
       nach  Port  Baikal.  Vom  Stütz-     schichten.  Unter  anderem  er-      den  an  den  Felswänden  hin-
       punkt  fuhren  wir  mit  einem       zählt  man  sich  hier  die  Ge-     gen.  Auf  dem  Boot  rief  einer
       Boot  des  MTschS  zunächst          schichte  vom  versunkenen           von  Andrejs  Söhnen  „Nerpa!“
       entlang der noch nebelverhan-        Goldschatz  des  zarentreuen         und  zeigte  aufs  Wasser.  Nur
       genen  Angara  vorbei  am            Admirals     Koltschak.    Seine     wenige  Meter  neben unserem
       Schamanenstein  hinaus  auf          Truppe  erbeutete  angeblich         Boot  sahen  wir  dann  unsere
       den See. Dieser Stein ragt bei       mehrere  Tonnen  des  Zaren-         erste  Baikalrobbe.  Ihr  russi-
       Listwjanka  aus  dem  Wasser         goldes. Er zog sich mit seiner       scher Name lautet: Baikalska-
       des  Baikalsees  und  markiert       Armee und etwa 200.000 Zivi-         ja Nerpa. Der verhältnismäßig

                                                                                                                 8
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